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Audiowalk-Award 2020

Laudatio von Caroline Böttcher (Jury), 24.6. 2020:

Als Jury haben wir den ersten Platz an den Audiowalk „toposonie::engelbecken“ von Georg Klein vergeben. Georg Klein schlägt in seinem Walk einen akustischen Bogen zwischen verschiedenen Zeitebenen, indem er historisches und gegenwärtiges Tonmaterial lebhaft und eindringlich miteinander verbindet. Während des Walks entlang des ehemaligen Luisenstädtischen Kanals bekommen wir Einblicke in verschiedene historische Ereignisse, denn hier ballt sich Geschichte: erzählt wird unter anderem von dem regen Treiben am Kanal, von verschwundenen Kaufhäusern und Bahntrassen, von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen: der Aushebung des Kanals 1848 und der Zuschüttung 1926. Aber Georg Klein erzählt die Geschichte weiter: über nationalsozialistischen Kundgebungen, die Mauer und Hausbesetzer der 70er Jahre.

toposonie: engelbecken ist keine chronologische Geschichtsstunde, sondern schafft historische Querverbindungen – die Zeitebenen scheinen miteinander verwoben und Geschichte wird in ihrer Komplexität hörbar. Georg Klein benutzt Archivmaterial, unter anderem Radiobeiträge und Interviews mit ZeitzeugInnen und Klangkompositionen, die assoziativ auf die nicht mehr sichtbare Gestalt des vergangenen Ortes eingehen. Vor Ort hat er sie über Lautsprecher abgespielt und mit binauralen Mikrophonen, die einen 360°-Hörraum wiedergeben, aufgenommen. Dadurch tauchen wir tiefer in eine andere Zeit und unsere Vorstellungskraft wird herausgefordert.

toposonie:engelbecken zeigt eindrücklich, wie sich Orten Geschichte entlocken lässt. Georg Klein schafft es dort, wo Geschichte nicht augenscheinlich ist, sie hör - und erspürbar zu machen und liefert ein wunderbares Beispiel über das Potenzial von Audiowalks, indem er Räume für Imagination öffnet, in denen Nicht-mehr-Sichtbares wieder zum Leben erweckt wird. 

Der Award wurde ausgelobt von Guidemate, der Plattform für Audiowalks und Hörspaziergänge in Kooperation mit Soundmarker, dem Labor für ortsbezogene Audioarbeiten und würdigt besonders mutige künstlerisch und inhaltlich anspruchsvolle Arbeiten aus den Feldern der Dokumentation, Fiktion, Klangkunst und Bildung/Vermittlung.


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Bayrischer Rundfunk, BR 2, Art Mix Magazin, Florian Fricke, 11.10. 2019 :

"Autor Georg Klein nennt seine Sound Walks "toposonie" - die klangliche Erforschung von Orten. Der "Engelbecken"-Sound Walk ist über die App "Echoes" abrufbar. Auf einer interaktiven Karte sieht man den Parcour der Hörstationen entlang des Kanals. Der Sound Walk ist binaural mit zwei Ohrmikrophonen aufgenommen, d.h. über Kopfhörer gehört, kann man die Geräusche, Klänge und Stimmen dreidimensional orten. (...)

Eine akustische Reise mit 12 Stationen durch die 170 Jahre Geschichte des Kanals, eine Geschichte, die der Rundfunk über lange Zeit begleitet hat. Der Clou ist, Georg Klein spielte seine Zusammenschnitte von historischen Radiosequenzen an den Originalorten über ein Lautsprecherpaar ab und nahm dieses Signal direkt binaural wieder auf. So betten sich nun die alten Geschichten in die Umgebungsgeräusche der Gegenwart, die aber wiederum nur die vermeintliche Gegenwart ist. (...)

Und so verbindet der geschichtsträchtige Luisenstädtische Kanal die Revolutionsjahre 1848 und 1989. Ein raffinierter Soundwalk und eine reichhaltige Fundgrube für jeden Geschichtsinteressierten."

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